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«Verschiedene Arten von Rot»

31. Oktober 2023

Betritt man die alterspsychiatrischen Stationen der Klinik für Konsiliar-, Alters- und Neuropsychiatrie (KAN), fällt die Wand mit dem grossflächigen, roten Waldsujet gleich ins Auge. Welche Funktion hat die Signaletik als Teil der Behandlungseinheit und woher nimmt der Klinikleiter und Chefarzt der KAN seine Inspirationen? Im Interview bekennt Dr. med. Dan Georgescu Farbe.

Herr Georgescu, Rot gilt als die Farbe der Liebe und als Gefahrenwarnung gleichermassen. Wieso haben Sie sich auf der Station «Sophia» für diese Farbe entschieden?
Dan Georgescu: Farben können beruhigend oder aktivierend wirken, letzteres ist bei der Farbe Rot der Fall. Und die Aktivierung und Mobilisierung sind bei Patientinnen und Patienten mit Demenz essenziell. Es gibt zudem verschiedene Arten von Rot. Unser Rot hat einen gewissen Gelbanteil, eine Art Herbstrot, denn die Patientinnen und Patienten auf der Demenzstation stehen im Herbst ihres Lebens. Es strahlt Wärme aus und sorgt für ein heimeliges Gefühl. Dieses Rot wird ganz anders wahrgenommen als beispielsweise ein Rot, das ins Blaue oder Violette geht.

Wie kamen Sie auf das Sujet «Wald»?
Wir haben uns gefragt: Wie erschafft man etwas, das für möglichst viele Leute gut erkennbar ist und ähnlich gedeutet wird? Da die meisten unserer Patientinnen und Patienten aus einer ländlichen Region stammen und auch die PDAG in einem grossen Park liegen, fanden wir das Waldsujet sehr passend. Der Wald spiegelt sich auch in verschiedenen Elementen aus Holz wider. So haben wir auf der Station keine normalen Spitaltüren, sondern Holztüren.

Waldeslust als schöne Dekoration?
Signaletik ist weit mehr als Deko! Sie ist Teil einer Behandlungseinheit und geht mit dem Bauplanungs- und Gestaltungskonzept einher, welches wiederum die Akustik, visuelle Aspekte, Mobilität und Barrierefreiheit beinhaltet. Zudem trägt Signaletik dazu bei, Stürze zu vermeiden. Gut umgesetzt, gibt sie Orientierung und kaschiert Ausgänge, sodass diese weder einen Unruheherd noch ein Risiko darstellen. Das rote Waldsujet an der Wand bewirkt, dass Patientinnen und Patienten sich geradezu magnetisch davon angezogen fühlen und in Richtung Gruppenraum oder Garten gehen. Für die versorgungsintensive Betreuung und Behandlung von Menschen mit Demenz ist die geeignete Infrastruktur deshalb essenziell!

Woher nehmen Sie Ihre Inspirationen für das Gestaltungskonzept der Alterspsychiatrie?
Im Stockholmer Geriatriezentrum Sjukhem Kungsholmen habe ich erfahren, wie man Lebenswelten zur Aktivierung und auch zum Gefühl der Geborgenheit schafft und hierbei auch die Biografie und den kulturellen Hintergrund der Patientinnen und Patienten mit einbezieht. Gemäss dem Ribotschen Phänomen werden bei Patienten mit Alzheimer-Demenz nämlich neuere Erinnerungen gelöscht; mit jeder Phase entwickeln sie sich weiter rückwärts und entwickeln aktive Vorstellungen von damals.

Lebenswelten als eine Art Zeitreise in die Vergangenheit?
So in der Art. Im schwedischen Geriatriezentrum steht man beispielsweise plötzlich in einem Raum, der einen in die 1950er Jahre zurückversetzt. Auch aus dem Demenzdorf «De Hogeweyk» bei Amsterdam sind Elemente in unser Konzept mit eingeflossen, wobei man generell unterscheiden muss, dass beide Beispiele Zentren für die Langzeitpflege sind. Bei den PDAG betreuen wir die Menschen hingegen für einen Zeitraum von meistens wenigen Wochen. Eine moderne Alterspsychiatrie muss nicht Heimeligkeit vermitteln, sondern auch andere Faktoren berücksichtigen, die für die Akutbehandlung und die Patientensicherheit relevant sind.

Das Interview mit Dr. med. Dan Georgescu wurde in der PDAG News Nr. 3/2023 veröffentlicht. Den Link zur aktuellen Aufgabe finden Sie hier.